Stella Tozzi
© Alice Blangero Stella Tozzi absolvierte die Tanzausbildung am Conservatoire National Supérieur de Musique et Danse Lyon und erhielt das Diplom in Choreografie am Conservatoire in Nizza. Von 2017 bis 2019 war Tozzi Mitglied der EBB Company unter Jean-Philippe Dury, von 2020 bis 2025 Mitglied des Balletts des Staatstheaters Nürnberg unter der Leitung von Goyo Montero, dem Tozzi zur Saison 2025/26 ins Staatsballett Hannover folgte. Unter den Uraufführungen, in denen Montero für Tozzi kreierte, ist die Tanz, Gesang und Schauspiel fordernde Rolle The Anonymous Spectator in Steppenwolf besonders hervorzuheben. Darüber hinaus umfasst Tozzis vielseitiges Repertoire u.a. Werke von Bryan Arias, Maurice Béjart, Rafael Bonachela, Mauro Bigonzetti, Edward Clug, Mats Ek, William Forsythe, Marco Goecke, Jacopo Godani, Jiří Kylián, Jean-Christophe Maillot, Thierry Malandain, Wayne McGregor, Ohad Naharin, Hofesh Shechter oder Christian Spuck. Auch eigene Stücke choreografierend, stellte sich Stella Tozzi mit IEL 2024 am Staatstheater Nürnberg vor.
Welche historische Persönlichkeit würdest du gerne einmal auf einen Kaffee treffen - und warum?
Es gibt viele historische Persönlichkeiten, die ich gerne treffen würde, aber im Moment würde ich Jiří Kylián wählen. Seine Arbeit ist eine tiefe Inspirationsquelle für mich, nicht nur als Choreograf, sondern auch als Künstler, der Bewegung als Poesie versteht. Kyliáns Choreografie verbindet nahtlos die Präzision des Balletts mit der Ausdruckskraft des zeitgenössischen Tanzes und schafft so eine einzigartige und fesselnde Bewegungssprache. Seine Stücke wie Petite Mort und Sinfonietta zeigen seine Fähigkeit, tiefe Emotionen und komplexe Erzählungen durch reine Bewegung zu vermitteln. Einige seiner Werke, die vor über 25 Jahren entstanden sind, wirken immer noch völlig aktuell; sie sprechen mit einer Klarheit und Schönheit, die mich nach wie vor bewegt und erstaunt. Es würde mich faszinieren, mit ihm über seinen kreativen Prozess, seine Ansichten über die Entwicklung des Tanzes und darüber zu sprechen, wie er weiterhin künstlerische Grenzen überschreitet. Ein Treffen mit ihm wäre eine Gelegenheit, Einblicke von einem wahren Meister des Tanzes zu erhalten.
Welche Reaktion nach einer Aufführung hat dich am meisten gefreut?
Nach einer Aufführung brauche ich oft einen Moment des Übergangs, um von der emotionalen und physischen Reise des Stücks zurückzukehren. Was mich jedoch am meisten bewegt, ist das gemeinsame Gefühl der Wertschätzung mit den anderen Tänzern und dem Team. Diese Verbundenheit und die gemeinsame Freude hinter der Bühne zu spüren, ist eine große Belohnung. Ich schätze auch die Begegnungen mit dem Publikum nach der Aufführung sehr. Wenn einem jemand sagt, dass er von der Aufführung berührt oder mitgerissen wurde, erinnert einen das daran, warum wir diese Arbeit machen.
Welche Musik hörst du, wenn du nicht arbeitest?
Es fällt mir schwer, mich auf einen Stil festzulegen, da ich viele verschiedene Genres höre, je nachdem, was ich gerade brauche. Manchmal suche ich nach Motivation, ein anderes Mal nach Inspiration oder einfach nach einer Möglichkeit, mich zu erden und Freude zu empfinden. Musik ist, wie der Tanz, eine Sprache, die sich den Emotionen anpasst, und ich folge ihr.
Welche Rolle kann der Tanz in unserer Zeit spielen?
Wie ich einmal in einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten gesagt habe: „Wir als Künstler sind immer Vorreiter, wenn es darum geht, gesellschaftliche Debatten zu reflektieren.“ Daran glaube ich wirklich. Tanz kann in unserer Zeit Hoffnung geben, Verbindung schaffen und den Menschen helfen, sich selbst zu konfrontieren oder besser zu verstehen. Er öffnet die Tür zu neuen Perspektiven, auf das Leben, die Gesellschaft, das Sein. Durch Schönheit, Verletzlichkeit und Wahrheit hat der Tanz die Macht, das anzusprechen, was Worte nicht können.